Mittwoch, 4. April 2012

Umweltverbände wollen Konflikte zwischen Windenergie und Naturschutz entschärfen (Interview)

-------- Original-Nachricht --------
Betreff: WG: [dradio] Umweltverbände wollen Konflikte
zwischen Windenergie und Naturschutz entschärfen (Interview)
Datum: Tue, 3 Apr 2012 16:22:28 +0200
Von: DNR Redaktionsbüro Fachverteiler
An: DNR Redaktionsbüro Fachverteiler



http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/1720079/

Deutschlandfunk - 02.04.2012

Spagat zwischen Windenergie und Naturschutz

Tagung zum Ausbau erneuerbarer Energien

Helmut Röscheisen im Gespräch mit Susanne Kuhlmann

Der Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings, Helmut
Röscheisen, sagt, dass bereits bei einer übergeordneten
Planung für Windkrafträder die Themen Naturschutz,
Tierschutz und Wohnraum für Menschen berücksichtigt werden
müssten. Ziel der Tagung in Kassel sei eine einheitliche
Position zu erreichen, so Röscheisen.

Susanne Kuhlmann: Seit der Ausstieg aus der Atomenergie
beschlossene Sache ist, stellen sich plötzlich viele
dringende Fragen, die eigentlich erst in einigen Jahren zu
beantworten gewesen wären: Wie schnell können Leitungen von
Windparks vor der Küste zum Festland verlegt werden? Wo
können Trassen gebaut werden, die den Strom von Nord nach
Süd transportieren? Und wo wären noch geeignete Standorte
für Windräder? - Ausbaupläne rufen oft Protest von Anwohnern
hervor und auch Naturschützer haben häufig Bedenken. Damit
wenigstens Umweltverbände zu einer einheitlichen
Argumentationslinie finden, hat der Deutsche Naturschutzring
DNR sie heute zu einer Tagung nach Kassel eingeladen. Dort
ist Dr. Helmut Röscheisen am Telefon, der Generalsekretär
des Deutschen Naturschutzrings. Herr Röscheisen, Naturschutz
und Ausbau erneuerbarer Energien kollidieren immer wieder.
Warum? Was sind die strittigen Themen?

Helmut Röscheisen: Es geht zunächst um die geeigneten
Standorte. Insbesondere führt es dann richtig zu Spannungen,
wenn man sehr viele neue Windkraftanlagen benötigt, was wir
ja wollen, um eben tatsächlich Strom in absehbarer Zeit zu
100 Prozent aus erneuerbaren Energien herstellen zu können.
Deswegen ist unsere Tagung heute in Kassel-Wilhelmshöhe sehr
wichtig. Dort geht es darum, dass wir mithilfe der
Raumordnung und Regionalplanung die richtigen Standorte
herausfiltern. Die müssen zum Beispiel genügend Abstände zur
Wohnbebauung haben, die dürfen nicht in einem Gebiet sein,
wo ein Vogeleinzugsbereich ist, wo Vogelzug herrscht, oder
wo ein starkes Fledermausvorkommen ist. Es ist sehr wichtig,
das bereits bei der übergeordneten Planung festzulegen.
Natürlich suchen wir da Gebiete aus, wo sehr starker Wind
weht, also Eignungsflächen für die Windenergie. Gleichzeitig
muss es aber auch so sein, dass die anderen Gründe, die ich
genannt habe, nicht vorliegen dürfen, also Naturschutz,
Landschaftsbild oder auch der Abstand zur Wohnbebauung.

Kuhlmann: Sollten Sie im Laufe Ihrer Tagung innerhalb der
Umweltverbände Einigkeit über die Planungsvorgaben für
Windkraftanlagen erreichen, dann bleibt ja immer noch die
Skepsis oder auch sogar Ablehnung von Menschen, die solche
Anlagen in ihre Nähe bekämen. Wie lassen sich die Leute denn
gewinnen?

Röscheisen: Ja, das ist richtig. Da geht es insbesondere um
die Lärmauswirkungen. In der Regel ist es so, dass Abstände
von 1000 Metern zur Wohnbebauung für ausreichend erachtet
werden, und dann gibt es noch eine sehr interessante
Möglichkeit, hier zu einer größeren Akzeptanz zu kommen: Das
sind die sogenannten Bürgerwindparks, wo eben die
Bevölkerung als Eigner, als Miteigentümer einer
Windkraftanlage infrage kommt.

Kuhlmann: Wie könnte das konkret aussehen beziehungsweise
wie fängt man die Menschen auf diesem Weg ein und gewinnt
sie für das Thema?

Röscheisen: Ja, das ist sehr wichtig, dass man von
vornherein transparent und mit der vollständigen Information
herangeht in einer frühen Phase, dass man sagt, hier an
dieser Stelle wollen wir neue Windkraftanlagen bauen, die
werden voraussichtlich die und die Auswirkungen haben
während der Bauphase, während des Betriebes, und dann ist es
natürlich sehr schön, wenn man das in Form einer
Genossenschaft machen kann, wo die Bevölkerung eben direkt
beteiligt ist.

Kuhlmann: Wie wollen Sie denn die zuständigen
Planungsbehörden einbinden und ebenfalls für Ihre Vorschläge
gewinnen?

Röscheisen: Unsere Tagung dient ja heute in Kassel dazu, zu
einer einheitlichen Position zu kommen. Wir werden das dann
ausdiskutieren innerhalb der Naturschutzverbände und dann
wollen wir diese gemeinsame Empfehlung an die
Umweltministerkonferenz herantragen, also an die einzelnen
Bundesländer, und ich bin sicher, dass diese Empfehlungen
beachtet werden, weil wir ja versuchen, diesen Spagat
hinzubekommen, einerseits für Windenergie, für den weiteren
Ausbau, andererseits für Naturschutz, Landschaftsschutz und
den Schutz der Menschen, die da in der Nähe wohnen.

Kuhlmann: Noch einmal zurück zu den Naturschutzverbänden.
Gibt es da auch zwischen den einzelnen Verbänden große
Unterschiede, was die Beurteilung von Windenergieanlagen
betrifft?

Röscheisen: Na ja, natürlich. Es ist klar: Wir haben zum
Beispiel heute hier Vertreter des Deutschen Alpenvereins und
der Wanderverbände, die natürlich sehr stark das Thema
Landschaftsbild in den Vordergrund stellen, weil sie draußen
wandern wollen, und wenn dann Windkraftanlagen, sagen wir
mal, auf einer Bergkuppe stehen, die man von Weitem sehen
kann, dann erzeugt das nicht nur Freude. Hier müssen wir
intensiv diskutieren und die Vor- und Nachteile abwägen.

Kuhlmann: Und die Zeiten, dass Anlagen zur Energieerzeugung
relativ zentral an wenigen Standorten in der Nähe großer
Städte waren, die sind ein für alle Mal vorbei?

Röscheisen: Na ja, es wird schon so sein. Wir wollen sehr
stark das Thema "dezentral" nach vorne bringen, insbesondere
jetzt in den Bundesländern, die bisher kaum oder nur relativ
wenig Windkraftanlagen haben - auch deswegen, weil man dann
wesentlich weniger Netze braucht, um den Strom zu
transportieren, von der Nordsee nach Bayern beispielsweise.

Kuhlmann: Der Ausbau erneuerbarer Energien lässt sich mit
den Zielen des Naturschutzes verbinden. Das war ein Gespräch
mit Dr. Helmut Röscheisen, dem Generalsekretär des Deutschen
Naturschutzrings. Ihnen, Herr Röscheisen, vielen Dank nach
Kassel.

Röscheisen: Ich danke auch. Auf Wiederhören!

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