Montag, 7. Mai 2012

Brisanter Film über Soja-Anbau

Soja-Anbau in Brasilien


-------- Original-Nachricht --------
Betreff: WG: [Spiegel] Brisanter Film über Soja-Anbau in
Südamerika als Zentrum der industriellen Landwirtschaft
Datum: Mon, 7 May 2012 11:06:59 +0200
Von: DNR Redaktionsbüro Fachverteiler <info-berlin@dnr.de>
An: DNR Redaktionsbüro Fachverteiler <info-berlin@dnr.de>



http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,830644,00.html

Der Spiegel - 04.05.2012

Brisanter Film über Soja-Anbau

Diese Bohne ist eine Bombe

Krieg ums grüne Gold: Die Kinodoku "Raising Resistance"
zeigt, warum die Soja-Äcker in Südamerika zu Schlachtfeldern
geworden sind - nicht nur für die Bauern, sondern auch für
die Industriestaaten. Denn ohne die Bohnen aus dem Süden
würde zum Beispiel die nächste Grillparty ganz schön teuer

Von Jörg Schöning

Clemente Busanello ist Großgrundbesitzer und Soja-Bauer. Im
paraguayischen Santa Rosa besitzt er riesige Felder. "Soja
[1] ist ein Geschenk des Himmels", befindet der bullige
Unternehmer. "Soja ist für mich wie eine Bombe", sagt sein
schmächtiger Nachbar, der Kleinbauer Gerónimo Arévalos. "Sie
zerstört unsere Lebensgrundlage."

Paraguay ist der viertgrößte Soja-Exporteur der Welt. In
Südamerika, wo die stetig wachsenden Soja-Felder heute schon
der Größe der EU entsprechen, steht das Land nach Brasilien
und Argentinien an dritter Stelle. Nicht ohne Stolz sagt der
Staatspräsident Fernando Lugo Méndez daher mit Blick auf die
Anbauflächen: "Heute sieht man nichts als Soja." Aber das
stimmt dann doch nicht so ganz.

Die Filmemacher Bettina Borgfeld und David Bernet haben
genauer hingeschaut und im endlosen Grün noch etwas anderes
wahrgenommen. Ein bisschen fühlt man sich an den berühmten
Anfang von "Blue Velvet" erinnert: Da weist David Lynch, in
suggestiven Nahaufnahmen, auf den Mord und Totschlag hin,
wie er unter Käfern und anderen Krabbeltieren zwischen den
Grashalmen eines properen Vorstadtgartens herrscht.

Ganz ähnlich verfahren die Regisseure von "Raising
Resistance". In tollen Totalen mit scheinbar idyllischen
Landschaftstillleben präsentieren sie eine prosperierende
Landwirtschaft. Doch in einer nicht weniger "nahen
Beobachtung" als der von David Lynch offenbaren sie in dem
Pflanzenareal, das einen beträchtlichen Teil der
Weltbevölkerung mit Nahrung versorgt, auch Akte der Gewalt.
Der Kleinbauer Antonio Cabrera, der die Campesinos von San
Pedro anführt, sagt es ganz unumwunden: "Hier herrscht
praktisch Krieg."

Ein Weg in die Verwahrlosung

Stets trägt er deshalb eine geladene Pistole bei sich. Sieht
er einen Lkw am Straßenrand parken, dessen Fahrer er nicht
kennt, schießt er vorsichtshalber in die Luft. Bislang sind
die Lastwagen immer weitergefahren. Mitten im Soja-Meer sind
die Filmemacher aber auch auf Menschen gestoßen, die sich
nicht vertreiben lassen wollen. Am Rande der Monokultur, wo
schweres Gerät Chemikalien versprüht, bringen sie in ihren
Gärten das Saatgut unverdrossen mit der Hand aus. Die Flucht
vom Land in die Stadt stellt sich für sie nur als ein Weg in
die Verwahrlosung dar.

In ihrem Film zeigen Borgfeld und Bernet, wie der Anbau von
Soja, unterstützt von Gentechnologie [2] und Agrarchemie,
Naturlandschaften veröden und damit auch soziale
Zusammenhänge erodieren lässt. Als Lebensmittelzusatz und
Futtermittel in der Massentierzucht extrem stark
nachgefragt, steht Soja im Zentrum der global vernetzten,
industriellen Landwirtschaft. Entsprechend kommt eine
Bandbreite an beteiligten Akteuren zu Wort - neben
Campesinos auch Soja-Großbauern, Gentechniker,
Börsenspekulanten und Politiker.

"Raising Resistance" verzichtet dabei auf Thesen, der Film
setzt schlicht aufs Zuhören. In eindringlichen Bildern,
ruhigen Kamerafahrten und erhellenden Montagen zeigt er
Menschen in einer Natur, die längst zum Schlachtfeld der
ökonomischen Zwänge geworden ist. Gegen die Dominanz der
Landbesitzer wehren sich hier Landbesetzer, die die
Wiederaufforstung der Soja-Wüsten aus sozialer Verantwortung
in Gang bringen wollen. Doch damit stoßen sie schnell an
juristische Grenzen. Für die Großgrundbesitzer ist die Sache
ganz einfach: "Das ist das Gesetz der Macht."

Blind durchs Bad im verseuchten Wasser

Der Film verdeutlicht, wer die sozialen Kosten für private
Gewinne trägt. Er nennt ihre Namen und zeigt die Gesichter,
"weil es nicht egal ist, wer die Unterliegenden im
zivilisatorischen Wettbewerb sind", wie die Filmemacher
sagen. Es sind Frauen wie die Kleinbäuerin Juana Gonzalez,
deren Erdnuss-Ernte von den aggressiven
Pflanzenschutzmitteln der Agrochemie innerlich zersetzt
wird, oder der Junge aus ihrem Dorf, den ein Bad im
verseuchten Bach das Augenlicht gekostet hat.

Sie sind Opfer eines neuen Rüstungswettlaufs, den
Gentechnologen mit der Pflanzenwelt austragen. Auf neue
Resistenzen reagieren sie mit immer aggressiveren
Herbiziden, die das Unkraut unschädlich machen, wenn nicht
gar ausrotten sollen. Doch zu Mord und Totschlag kommt es
eben nicht nur im Pflanzenreich, sondern es fallen - bei
einer Demonstration in der Hauptstadt Asunción - zum Ende
des Films tatsächlich Schüsse.

Produziert wurde "Raising Resistance" von Oliver Stoltz, der
2006 für "Lost Children", seinen Dokumentarfilm über
Kindersoldaten, den Deutschen Filmpreis gewann. Zu der
Eskalation, die der Film beschreibt, kann es überall kommen,
wo Menschen um ihr Überleben kämpfen. "Es geht um alles oder
nichts", sagt ein Campesino. Das trifft nicht nur auf den
globalen Süden zu: Auch für die Industriestaaten gilt Soja
als überlebenswichtig - um Biokraftstoffe herzustellen oder
als Futtermittel, um die Fleischpreise niedrig zu halten.

Aus "Raising Resistance" lässt sich also folgern, dass
selbst ein harmloses Grillfest auf dem heimischen Zierrasen
keine ganz friedliche Angelegenheit ist.

[1] http://www.spiegel.de/thema/soja/
[2] http://www.spiegel.de/thema/gentechnik/

Mehr im Internet

Offizielle Website zum Film
http://www.raising-resistance.com/

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