Dienstag, 27. März 2012

Naturschutzverbände wehren sich gegen Vorwurf der Käuflichkeit in ARD-Sendung "Panorama"

Europaticker - 27.03.2012

Im Fokus: Ablasshandel der Umweltverbände

Geld statt Widerstand: Wie sich Umweltverbände kaufen lassen
/ BUND ist nicht käuflich! / NABU: Keine "Tauschgeschäfte"
Geld gegen Klageverzicht

Einen Aufschrei hat ein Beitrag des ARD-Magazin "Panorama"
bei den namhaften deutschen Umweltverbänden hervorgerufen.
Umweltverbände, das seien die Anwälte der Natur, sie kämpfen
gegen Verschmutzung und Zerstörung, treten ein für das Gute!
Niemals würden sie gegen Geld ihren Protest zurückziehen,
hieß es in der Anmoderation. Doch die Realität sehe
ziemlich anders aus: Immer wieder zahlen Firmen für geplante
Großprojekte Geld in eine Umweltstiftung und die Verbände
verzichten im Gegenzug auf eine Klage, berichteten Mareike
Burgschat und Jörg Hilbert.

Es geht um Millionen-Beträge. Europaticker hat die 2010-er
Bilanzen der fünf aktivsten Verbände ausgewertet:
http://www.europaticker.de/0000_bilder/bilder/120320_umweltverb_ein.jpg


Die Naturschutzverbände argumentieren, mit den Millionen aus
der Industrie könne man die Natur vor allem an anderer
Stelle fördern – mit Hilfe der Stiftungen. Ob das die
Naturzerstörungen tatsächlich ausgleichen kann, ist jedoch
äußerst fraglich.

Beitrags-Manuskript: Geld statt Widerstand – Wie sich
Umweltverbände kaufen lassen. Der Panorama-Beitrag vom 15.
März 2012 als PDF-Dokument zum Download:
http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2012/panorama3989.pdf


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http://www.bund.net/themen_und_projekte/naturschutz/panorama/

BUND - 16.03.2012

Panorama irrt

Panorama möchte gerne einen Skandal sehen, wo keiner ist –
getreu dem Motto, dass nur schlechte Nachrichten interessant
sind. In der Sendung vom 15. März wurde den ZuschauerInnen
suggeriert, BUND und NABU hätten sich für Geld Klagen gegen
Maßnahmen, die die Natur schädigen, "abkaufen" lassen.

Tatsache ist: der BUND hat weder in Niedersachsen noch in
Schleswig-Holstein Geld erhalten, weil er Klagen mit
Vergleichen abgeschlossen hat. Der BUND hat in seinen
Grundsätzen zum Umgang mit Klagen klar geregelt, dass
Vergleiche nicht geschlossen werden können, wenn im Gegenzug
Geld an den BUND fließt. Sollte es zu einem Vergleich
kommen, werden mit dem Geld ausschließlich Projekte des
Naturschutzes gefördert.

An zwei Beispielen zeigen wir, wie leichtfertig Panorama mit
den Fakten umgeht.

1. Flughafen Lübeck-Blankensee

2005 stoppte auf Antrag von NABU und BUND ein Gericht den
Ausbau, der ökologisch hoch sensible, EU-rechtlich
geschützte Gebiete gefährdete. Nach Verhandlungen mit der
Flughafen Lübeck GmbH und der Stadt schlossen NABU und BUND
eine Mediationsvereinbarung zur Beilegung des Rechtsstreits.
Im Ergebnis wurden der Planfeststellungsbeschluss
aufgehoben, geschädigte Flächen renaturiert und die
"Stiftung Grönauer Heide" zum Naturschutz in der Lübecker
Region gegründet. Der Flughafen zahlte für bereits
geschehene Eingriffe 1.250.000 Euro in die Stiftung und
bringt wie die Stadt Lübeck Flächen für
Kompensationsmaßnahmen ein. Ausgleich und Ersatz für die
Eingriffe in die Natur gehen dabei weit über das rechtlich
Gebotene hinaus. Die geplante Verlängerung des "Rollweges C"
in ein Schutzgebiet wurde aufgegeben, die Verlängerung von
Start- und Landebahn von 240 Meter auf 95 Meter gekürzt,
Parkflächen wurden auf weniger sensible Ackerflächen
verlegt. All dies sind erhebliche zusätzliche Leistungen für
den Naturschutz, ihr Volumen erreicht rund zehn Prozent der
Investitionssumme. Gegenstand der Mediation waren
ausschließlich die beklagbaren Naturschutzbelange, nicht
Lärm- und Klimaschutz oder Luftverkehrsaspekte. Es lag
rechtlich nicht in der Macht der Verbände, den Betrieb des
Flughafens und einen Ausbau generell zu verhindern. Die
grundsätzlichen Vorbehalte der Naturschutzverbände gegen den
Billigflugverkehr bleiben bestehen.

Mehr Informationen:
http://www.bund-sh.de/?id=7055&tx_ttnews[tt_news]=12351&tx_ttnews[backPid]=7019


2. Beispiel: Windpark Nordergründe

2007 legte der BUND wegen der Gefährdung wildlebender
Vogelarten Rechtsmittel gegen die Windparkplanung ein. 2011
kam es zu einem Vergleich: Ergebnis war u.a. ein
umfangreiches Monitoringprogramm zur Erfassung möglicher
Kollisionen von Zugvögeln mit den Windrotoren. Dies soll bei
künftigen Planungen die Beurteilung der Auswirkungen von
Offshore-Windparks verbessern. Die "Stiftung
Naturlandschaft" – und nicht der BUND – bekommt 20 Prozent
des Ersatzgeldes dieses Vergleichs. Mit diesem Geld werden
die Erhaltung und Stärkung der Populationen von See- und
Küstenvögeln sowie die Entwicklung von Rastmöglichkeiten von
Zugvögeln im Küstenstreifen gefördert.

Mehr Informationen:
http://www.bund-niedersachsen.de/?id=5922&tx_ttnews[tt_news]=15510&tx_ttnews[backPid]=5887

Es ist bedauerlich, dass in dem Beitrag diese Fakten nicht
berücksichtigt wurden – und die ZuschauerInnen auch nicht
erfuhren, was der BUND mit dem Vergleich erreicht hat und
dass er Geld für die rechtlichen Auseinandersetzungen
ausgegeben – statt erhalten – hat. Vom NDR waren wir in der
Vergangenheit sorgfältigere Beiträge gewohnt.

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http://www.nabu.de/themen/naturschutz/naturschutzindeutschland/14706.html

NABU - 15.03.2012

Keine „Tauschgeschäfte“ Geld gegen Klageverzicht

„Panorama“-Vorwürfe halten einer Überprüfung nicht stand

Die Welt ist einfach schlecht. Wirklich trauen kann man
keinem, auch den Umweltverbänden nicht. Ob WWF, BUND oder
NABU, alle sind sie nur hinter dem Geld her. So jedenfalls
lautet der Tenor des Beitrages „Geld statt Widerstand – wie
sich Umweltverbände kaufen lassen“ im ARD-Magazin „Panorama“.

„Immer wieder zahlen Firmen für geplante Großprojekte Geld
in eine Umweltstiftung und die Verbände verzichten im
Gegenzug auf eine Klage“, heißt es in der Anmoderation. Im
Filmbeitrag werden dann konkrete Projekte genannt: der
Offshore-Windpark Nordergründe, die Emsvertiefung zugunsten
der Papenburger Meyer-Werft und der Ausbau des Lübecker
Flughafens.

Die Vorwürfe sind nicht neu. Schon im vergangenen Sommer
hatte Autorin Mareike Burgschat im NDR-Regionalfernsehen die
Umweltverbände dafür kritisiert, dass diese sich im Zuge von
Großprojekten auf Ausgleichsmaßnahmen einließen statt vor
Gericht zu klagen. Doch weder die Wiederholung, noch der
Sprung vom dritten ins erste Programm ändern etwas daran,
dass Burgschats Behauptungen und Schlussfolgerungen falsch sind.

An zwei der angeführten Verfahren war der NABU beteiligt,
beim leider vergeblichen Kampf gegen die Emsvertiefung in
Niedersachsen und bei den Auseinandersetzungen um den
Flughafen Lübeck in Schleswig-Holstein. „In den letzten
beiden Jahrzehnten wurden nur zwei von 21 unserer Klagen mit
einem gerichtlichen Vergleiche abgeschlossen – und
ausschließlich zum Nutzen der Natur, nicht zum finanziellen
Vorteil des Verbandes“, betont Ulrich Thüre vom NABU
Niedersachsen. „Das Beispiel der Emsvertiefung trifft erst
recht nicht zu, da hier keine Firma Geldbeträge gezahlt und
auch kein Klageverfahren gegen ein Unternehmen geführt wurde.“

Auch beim Flughafenausbau in Lübeck gab es keine
Geldzahlung, um eine Klage fallen zu lassen.
Naturschutzverbände, Flughafengesellschaft und Stadt Lübeck
einigten sich im Streit um den Flughafen nach einjährigen
Verhandlungen im Februar 2008 mit der Unterzeichnung einer
Mediationsvereinbarung. Alle Beteiligten habe diese unter
fachanwaltlicher Beteiligung entstandene Vereinbarung
gezeichnet: mit einem für die Natur überaus akzeptablem
Ergebnis. „Grundlage der Vereinbarung ist, dass für den
Naturschutz mehr erreicht wird, als dies durch eine Klage
möglich wäre“, betont Ingo Ludwichowski vom NABU
Schleswig-Holstein.

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Vertiefende Beiträge zum Thema

Dem Fluss wieder auf die Beine helfen: Hintergründe und
Entstehungsgeschichte des Emsfonds

Emsfonds – wie funktioniert denn das? Unser
Hintergrundbeitrag stellt Entstehungsgeschichte und Struktur
des Emsfonds dar. Wir möchten damit Missverständnisse
ausräumen und Vorwürfen entgegentreten, der NABU ließe sich
in irgendeiner Form sein Klagerecht „abkaufen“.

Mehr: http://niedersachsen.nabu.de/aktionen/unterems/14549.html


Wo sich auch „Panorama“ irrt: Mareike Burgschat und Jörg
Hilbert versuchen sich erneut an Vorwürfen gegen
Naturschutzverbände

Ob eine Klage erfolgreich geführt werden kann, gehört wie
die Abwägung für oder gegen eine Mediation für
Naturschutzverbände zu den schwierigsten Fragestellungen.
Doch verrät der NABU dabei Naturschutzziele, wie das
ARD-Magazin „Panorama“ zu belegen versucht?

Mehr:
http://schleswig-holstein.nabu.de/projekte/verbandsbeteiligung/14530.html


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